Soeben erschienen!

Wie lebt er, was sind seine Hobbies, wie lässt sich mit ihm umgehen? Die Zeichnerin Katja Schwalenberg und ich haben akribischst den scheinbar allzu bekannten, aber in Wahrheit krass exotischen Penis erforscht. Entstanden ist ein informatives, fröhliches Heft mit zauberhaften Porträts und Berührungsanleitung.

Orgasmus oder Brustkrebs

erschienen auf Berliner Zeitung online.

Das wollte ich schon immer mal sagen: Ich hab mir die Titten machen lassen. Zum Glück wenigstens nicht ab-, und es war auch nur die linke. Aber das Ganze war doch insgesamt wenig verrucht. Der Grund war eben der falsche. Und obwohl sich die Ärztinnen ästhetisch durchaus Mühe gegeben haben, sieht meine Brust aus wie eine Requisite aus Cronenbergs Film Crash. Um die zu begehren, muss man einen Narbenfetisch haben. Will ich einen Mann mit Narbenfetisch? Nein, ganz klar nein. Sollte ich je ‘ne Prothese brauchen, überlege ich noch mal neu. Ein Mann, der Prothesen mag, käme wahrscheinlich in Frage. Man lernt ja Demut mit zunehmendem Alter, und Plastikteile irgendwo reinstecken gehört heutzutage eh zu den gängigen sexuellen Praktiken. Wer weiß, was ich mit meiner Prothese für Lust schenken werde. Mit einer räudig vernähten linken Brust aber bleiben vorerst wohl nur meine phänomenalen Schlüsselbeine, um Männer zu beeindrucken. Wobei, die Typen stehen auf die seltsamsten Attribute: Eckige Hintern, muskulöse Waden, ich muss mich noch mal völlig neu denken und präsentieren, wenn ich jetzt wieder losdate.

An meinen letzten Schwanz, Entschuldigung, dass ich nicht Liebhaber sage, ich hab solchen Hunger, ich kann mich nicht mit Höflichkeiten aufhalten … an meinen letzten Schwanz also … kann ich mich nicht erinnern. Erst hab ich ein Buch geschrieben, dann kam die Diagnose, dann Horror, dann OP, dann Rekonvaleszenz. Seit einer Woche gehe ich wieder zum Sport und Fahre Rad, und seit vorgestern will ich so dringend einen Schwanz, dass ich kurz vor Amok bin.

Im Laufe ihres Lebens bekommt jede dritte Frau Krebs. Und nur jede dritte Frau hat regelmäßig einen Orgasmus. Das ist doch scheiße. Von dem einen viel zu viel und von dem anderen viel zu wenig, obwohl es die gleiche Zahl ist. Da muss sich was ändern! Hoffentlich sind das nicht dieselben. Brustkrebs und kein Orgasmus, da kannste dich grad erschießen.

Früher hab ich ja immer gesagt, ich brauch nicht unbedingt einen Orgasmus. Sexuell rumschwappen und ekstatisch seufzen ist mir oft lieber gewesen als das hektische Gerubbel oder pornöse Gestoße eines nicht Eingeweihten. Aber damit ist es jetzt vorbei. Ich bin nicht die mit Brustkrebs. Ich bin die mit den ganzen Orgasmen. Und weil die Brust noch nicht wackeln und wabbeln darf, wie es ja eigentlich ihre Natur ist, nehme ich meine Orgasmen im Liegen ein. Herrliche Zeiten brechen an. Ich mit dickem Hintern, faul an Penis oder Schampus schlürfend, kriege es gemacht.

Leider steht vor dem Orgasmus die Datingprozedur, und die packe ich gerade nicht. Der eine Typ kann erst im August, der andere hat Schnupfen. Ich hätte ihn fast angeschrien, dass er sich mal zusammenreißen soll, anderen geht es viel schlechter, und er soll jetzt seinen Penis hierherschaffen.

Nein, nein, ich bin nett. So was würde ich nie schreien. Und die Lösung für mein Problem hab ich auch gefunden. Zwar gefällt sie mir nicht sonderlich, aber ich bin nicht in der Position rumzumäkeln.

Das Ganze hat sich ergeben, als ich meine kaputte Brust mit Artemisia-Salbe einrieb, um die Heilung zu unterstützen. Und in dem Moment war es wie seit Generationen beim Schulanfang: Das Geschwisterkind, das noch nicht in die Schule darf, bekommt trotzdem eine Schultüte. Meine rechte Brust – keine Narbe, kein Wehwehchen –, wollte auch von der Salbe. Hab ich draufgemacht, kein Problem. Nun ist der Körper ja ein halbwegs geschlossenes System, und die Füße, rechts, links, kriegen mit, dass im oberen Drittel gepflegt wird, und wollen eine Session mit der Massagepistole. Deren Vibration wiederum weckt meine Pussy auf, und nachdem ich klitoral gekommen bin, höhnen G-Punkt und Zervix, dass ich ja schon immer stinkend faul war und sie erst Orgasmen raushauen, wenn ich mal dranbleibe. Aber ich kann auch weiterhin im Prinzenbad vom Einmeterbrett springen, statt von der Klippe in die blaue Lagune, wenn mir eine eingehende Beschäftigung mit meiner Vagina zu anstrengend ist. Also hab ich widerwillig die Ärmel hochgekrempelt und mich in meine Schlüpfrigkeit versenkt. Knie, Schläfen, Ohren kamen dann übrigens auch noch mit ihren jeweiligen Bedürfnissen. Das war eine lange Nacht und ging am Morgen gerade so weiter, Stichwort Kniekehlen. Für Schwänze hab ich vorerst wohl keine Zeit. Wobei, der mit der Erkältung sagt, er ist wieder voller Energie und Tatendrang, dem könnte ich die ganzen Verpflichtungen für ein Stündchen übertragen, die mein Körper an mich stellt, und wenn der mir was abnimmt, sagen wir, meine Pussy, die Brüste und die Ohrläppchen, dann mache ich einen Ausflug mit ihm in der Zeit, die ich dadurch gewonnen habe.

Verbinden

Der Sex der Jugend ist auf Eroberungen und Ekstase aus, der in späteren Jahren auf Verbindung, unkt meine Freundin Mimi beim montäglichen Lunch, ich stimme ihr ja zu, allein mit wem soll ich mich verbinden? Mit dem Quickie von heute Abend? Der nur ein Stündchen bumsen will? Der Arme wird doch die Flucht ergreifen, außer er hält Verbinden für eine Spielart von Shibari.

Aber eigentlich sind Männer nett, und mit den meisten kann man ein bisschen spielen, ehe sie zur Tat schreiten. Man muss es ihnen nur geschickt unterjubeln, also quasi den ungeliebten Fisch in Form von Fischstäbchen anbieten. Manchmal sage ich, ich hatte einen anstrengenden Tag, ob sie Lust haben, die erste halbe Stunde zu rangeln und zu raufen, damit ich locker werde. Gentlemen, die sie sind, sagen sie mir zuliebe ja und finden es dann herrlich. Oder ich schlage eine wolllüstige Ölaktion vor, mit großer Plastikmatte, warmem Öl und Geglitsche. Auf die Weise lachen wir zusammen, erleben was, Spielen ist sowieso das beste Vorspiel, und Verbindung schafft es auch.